Die Betriebsratswahl ist ein zentrales Ereignis für die betriebliche Mitbestimmung. Doch was passiert, wenn sich weniger Kandidaten melden als eigentlich für das Gremium vorgesehen sind? Ein aktuelles Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG, 7 ABR 10/24) bringt Klarheit – und sorgt für wichtige Impulse in der Praxis.
Der Fall: Zu wenige Kandidaten, eigenmächtige Nachfrist
Im konkreten Fall sollte in einem Betrieb mit 367 Mitarbeitenden ein neunköpfiger Betriebsrat gewählt werden. Bis zum Ende der Einreichungsfrist hatten sich jedoch nur 6 Kandidaten gefunden. Der Wahlvorstand verlängerte daraufhin eigenmächtig die Frist um eine Woche – leider ohne Erfolg, es meldeten sich keine weiteren Bewerber. Der Arbeitgeber focht die Wahl wegen Verfahrensfehler an. Während Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht die Wahl für unwirksam erklärten, entschied das BAG überraschend anders.
Die Entscheidung des BAG
Das BAG stellte klar:
Ein Wahlvorstand darf keine Nachfrist setzen, wenn sich zu wenige Kandidaten für die Betriebsratswahl melden. Die Nachfrist nach § 9 der Wahlordnung (WO) gilt nur, wenn gar keine Vorschlagsliste eingereicht wird – nicht aber bei zu wenigen Bewerbern.
Das bedeutet in der Praxis:
- Die Betriebsratswahl findet auch mit weniger als der vorgesehenen Anzahl an Kandidaten statt.
- Es besteht kein Zwang zur eigenmächtigen Kandidatensuche durch Verlängerung der Frist.
- Ein kleinerer Betriebsrat ist rechtlich zulässig.
- Eigenmächtige Fristverlängerungen durch den Wahlvorstand stellen einen Verfahrensfehler dar und gefährden die Wirksamkeit der Wahl.
Was heißt das für Betriebe und Wahlvorstände?
- Wahlvorstände müssen die Fristen strikt einhalten und dürfen keine Nachfristen setzen, wenn nur zu wenige Kandidaten zur Verfügung stehen.
- Die Betriebsratswahl ist auch dann gültig, wenn das Gremium kleiner ausfällt als ursprünglich vorgesehen – eine wichtige Klarstellung für die Praxis.
Herausforderungen und Empfehlungen
- Motivation zur Kandidatur: Die geringe Bereitschaft zur Kandidatur ist vielerorts ein Problem. Es lohnt sich, gezielt auf Mitarbeitende zuzugehen und sie für das Amt zu gewinnen – gerade aus unterrepräsentierten Bereichen.
- Folgen eines unterbesetzten Betriebsrats: Ein kleinerer Betriebsrat kann in arbeitsintensiven Zeiten an seine Grenzen stoßen. Dennoch: Besser ein kleiner Betriebsrat als gar keiner!
- Schulung der Wahlvorstände: Das Wahlrecht ist komplex. Fehler können die Wahl noch Jahre später anfechtbar machen. Professionelle Schulungen und rechtliche Beratung sind unerlässlich.
Fazit
Das BAG sorgt für klare Verhältnisse: Auch mit weniger Kandidaten als vorgesehen ist die Betriebsratswahl möglich und gültig. Wahlvorstände sollten die gesetzlichen Vorgaben genau beachten und keine eigenmächtigen Nachfristen setzen.





